Ex falso quod libet

aus Falschem folgt Beliebiges und auch die Vertreibung aus dem Paradies.

Ich hab zum ersten Mal aus Neugier den Kanal Bibel.TV gesehen und wurde für einige Zeit in das letzte Jahrtausend zurückversetzt, vielleicht sogar ins vorletzte.

Es war durchaus angenehm für eine Weile ganz andere Töne zu hören, als die Skandalschreie oder das Actiongetöse der Mainstream Sender. Um ehrlich zu sein, konnte ich einigen Beiträgen und Vorträgen auch inhaltlich durchaus viel Positives abgewinnen. Trotzdem: diese patriarchalische Sprache, die Stilisierungen von Gott als eine Person, die Forderungen und Bedürfnisse hat sowie der Aufruf zu Mitleid verdarb mir den sonst guten Eindruck.

Ich kann dem christlichen Glauben und der katholischen Religion viel abgewinnen, aber diese merkwürdigen Interpretationen stoßen mich nach wie vor ab. Insbesondere wenn über sündiges Verhalten von Menschen und Versuchungen des Teufels referiert wird.

Alte Sprache

Am befremdlichsten für einen aufgeklärten Menschen ist sicherlich die eigenartige Sprachweise, die einige Fromme benutzen, die beinahe lächerlich wirkt. Auch die Bibel als „Wort Gottes“ zu bezeichnen, macht nur wenig Sinn. Einerseits weil sie von Menschen geschrieben und verfasst wurde, andererseits weil durch zahlreiche Übersetzungen eine unüberschaubare Vielfalt von Versionen existiert.

Und doch beinhalten alte Schriften sehr viel Weisheit und Inspiration, die jeder für sich selbst in seine ganz eigenen Worte übersetzten könnte. Deshalb möchte ich das einmal an der Geschichte von Adam und Eva und ihrer Vertreibung aus dem Paradies veranschaulichen.

Der Ausgangspunkt

Überspringen wir einmal die Kreation der Welt und der ersten Menschen und setzten im Garten Eden an. Da lebt nun ein Pärchen mit Tieren und Pflanzen im Einklang und in Harmonie und haben mal so gar keine Probleme. Es fehlt ihnen an nichts und sie sind glücklich.

Da kommt das erste Verbot oder übersetzt der Ratschlag von Gott, nicht von den Früchten des Baumes der Erkenntnis zu probieren. Genauer gesagt wird er „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ genannt. Das heißt zum ersten Mal taucht in der Bibel etwas Böses oder Unheilvolles auf, denn zuvor war alles Gut und richtig und Gott war zufrieden mit der Schöpfung. In vielen Bibelversionen taucht jetzt der Teufel auf in Form einer Schlange.

Aufgepasst!

Wer jetzt zuerst auf die Idee kam von den Früchten des Baumes zu kosten, und was der Grund dafür war, sollte man der Einfachheit halber überspringen oder auf später verschieben. Stattdessen lohnt es sich mehr darüber nachzudenken, warum dieses Verbot überhaupt existierte und was damit gemeint war. Denn genau darin liegt etwas sehr Wertvolles verborgen.

Die „Erkenntnis von Gut und Böse“ – also dem Urteilen über Gut-und-Schlecht kann nur eine Sache des Verstandes sein. Also genau dann, wenn theoretische Ideen darüber konstruiert werden, was richtig und was falsch ist. Die Früchte dieses Baumes sind also Ergebnisse aus rationalen Überlegungen, mit der faulen Prämisse, dass es eben Gutes und Schlechtes gibt. Ohne diesem Baum und seinen Erkenntnissen war noch einfach alles paradiesisch gut.

Kaum hatten Adam und Eva begonnen sich auf ihre verstandesmäßige Urteile zu verlassen, kamen sie plötzlich auf die Idee sich auch für ihre Nacktheit zu schämen, weil sie womöglich schlecht wäre.

Anders ausgedrückt …

Der Anfang vom Ende des Paradieses war also die eigene Einteilung in Richtig-und-Falsch, die natürlich aus dem Verstand kommt, nicht aus dem Herzen. Der Sündenfall war also eine einzig selbsterzeugte Hölle, die der Verstand sich aufgrund falscher Vorstellungen gemacht hat.

Sobald Adam und Eva sich nämlich für schlecht hielten und sich schämten, brauchten sie lediglich einen Spiegel vorgehalten bekommen und sie rannten aus Angst vor Strafe weg. Das mit dem Spiegel erledigte der Engel Luzifer, der Lichtträger, dessen Er-scheinen schon genügte. Vielleicht war er ja zur Unterstützung gekommen? Doch die beiden mit dem schlechten Gewissen waren bereits auf der Flucht, weil ihnen ihre eigene, eingebildete Schlechtigkeit Angst vor Strafe machte.

Wie wäre es ohne?

Angenommen wir würden aufhören alles in Richtig/Falsch beziehungsweise Gut/Böse zu unterteilen. Das was einige als Polarität in der Weltsicht bezeichnen.

Das gäbe ein Weltbild ohne das Böse, ohne Teufel, ohne Feinde, ohne Sünde und ohne Feinde.

Das hätte zur Folge, dass wir nichts mehr ablehnen bräuchten und keine Schuldigen zu ermitteln. Kein Grund mehr für Kriege oder Fehden, keine Rechtfertigung mehr für Gewalt oder boshaftes Verhalten.

Ablehnungen erzeugen Angst

Bevor unser Urpaar also so etwas wie die Schlechtigkeit (er)fand, war alles wunderbar und in Ordnung. Ihre eigenen Ängste entstanden erst, als sie sich selbst oder andere negativ zu verurteilen begannen. Das ist durchaus interessant, weil sehr gut nachvollziehbar.

Das scheint mir das Urprinzip zu sein, das uns diese Geschichte vom Verlust des Paradieses zu erzählen hat:

Umso umfangreicher die Vorstellungen vom falschen Verhalten, umso strenger werde ich unbewusst mir selbst gegenüber. Umso mehr ich an des Schlechte oder Böse glaube, umso mehr Angst werde ich davor haben. Also: Bitte weniger davon!


Alles Liebe, Susanna

Post Author: Susanna

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