Gibt es nicht? Doch – oft beobachtet und kaum verstanden wie sich jemand mit einer sehr sensiblen Seite wie ein Trampeltier, Mobber, Kontrollfreak oder gar als Tyrann aufspielen kann. Ganz typisch sind auch Partnerschaften zwischen zwei Hochsensiblen, wo der eine sehr narzisstische Züge aufweist und der andere den verletzlichen Sensiblen in ihm sieht. Auch wenn wir auf den ersten Blick meinen, dass die beiden gar nicht zusammen gehen können, gibt es dafür eine logische Erklärung.
Verhalten & Kopfkino versus Sensorium
Narzissmus beschreibt vielmehr ein Verhaltensmuster als eine Form der Wahrnehmung wie Hochsensibilität das tut. Es ist also durchaus kein Widerspruch, dass beides in einer Person vorkommen kann. Hier ein Gedankenspiel wie sich ein hochsensibles Kind diese destruktiven Muster angewöhnen kann:
Sagen wir unser Kind ist von klein auf unangenehmen Stimmungen ausgesetzt, weil es bei den Erwachsenen häufig zu Spannungen, Wut und lauten Streit kommt. Es ist immer wieder Situationen ausgesetzt, wo die geliebten Menschen leiden und es hilflos zusehen muss. Zuerst beginnt es sich noch zu wehren, indem es die Situationen meidet, doch das ist häufig nicht möglich.
Stau und Entladung
Viel von diesen negativen Gefühle stauen sich auf und müssen irgendwie wieder hinaus. Dazu wird unterschiedliches ausprobiert, auch die Verhaltensweisen, die von den Erwachsenen vorgelebt werden. Schliesslich merkt es, dass es genau diese Strategien sind, auf die die Erwachsenen am besten reagieren.
Irgendwann wird das Kind ziemlich ärgerlich auf die Eltern, die es immer wieder diesen Konfliktsituationen hilflos ausliefern, wo es selbst die gleichen destruktiven Verhalten an den Tag legen muss, um sich zu behaupten. Es beginnt die Zeit der Ablehnung und oft auch die Zeit der Rache an den Eltern.
Überdecken und verstärken
Häufig entdeckt man dann als Teenager noch scheinbare Hilfsmittel um mit all diesem negativen Ballast umzugehen, sei es Alkohol, Drogen oder Essstörungen. Leider haben die nur sehr begrenzte Wirkung, vor allem was die Änderung der eigenen Verhaltensmuster angeht, die man selbst von den Eltern übernommen hat. Im Extremfall schaukeln die sich nämlich hoch und werden zu unkontrollierbaren Manipulationstaktiken, die das eigene Umfeld tyrannisieren. Et violá: der Narzisst ist da!
Variationen
Das Beispiel zeigt die häufigste Form des Narzissten, doch es gibt ganz viele die statt mit Wut und Terror, mit Mitleid oder Kritiksucht, und sogar Rückzug herrschen.
In jedem Fall sind der Wunsch nach Bestimmen in der Situation und die Kontrolle über das Verhalten des anderen, ganz zentral. Dahinter ist häufig auch eine Verlustangst oder die Angst verletzt zu werden, also eine Opferhaltung ganz deutlich erkennbar. Diese Verletzlichkeit hat aber nichts mit Hochsensibilität zu tun, auch wenn das oft falsch verstanden wird. Diese meist völlig überzogenen Ängste entstammen vielmehr einem ziemlich verwirrten Kopfkino.
Was tatsächlich von der Hochsensibilität herrühren kann, ist dass sehr viel intensiver negative Stimmungen, Emotionen und Druck aufgestaut wird und hinunter geschluckt. Wahrscheinlich viel mehr als es Geschwister oder andere Leute in einer ähnlichen Situation tun.
Also wenn man begreift, dass Narzissten lediglich ihrem eigenen negativen Ballast nicht gut umgehen können, dann erkennt man schnell die Falle, in die Hochsensible tappen können.
Es gibt Hoffnung
Um so eingefahrene Verhaltensmuster nachhaltig zu verändern, braucht es gut Zeit, denn niemand kann sich einfach so von heute auf morgen ändern. Das Verständnis für die narzisstische Persönlichkeitsstörung wird uns aber die Klarheit und Geduld geben lediglich das Verhalten abzulehnen, nicht aber den sensiblen Menschen dahinter. Kein Mitleid und keine Nachsicht mit manipulativen Mustern also, sondern Mitgefühl für den Hochsensiblen, der in einer Abwärtsspirale gelandet ist.
Eckhardt Tolle beschreibt das auch ganz gut mit dem Schmerzkörper eines jeden Menschen, der sogar süchtig auf negative Energien werden kann. Wir haben es also bei Narzissten um so etwas wie Negativ-Süchtige zu tun, ganz vereinfacht ausgedrückt.
Tipps
Und natürlich hat jeder von uns so einen kleinen Narzissten auch in sich, sonst könnten wir das Phänomen ja gar nicht beobachten. Den gilt es auch umzuschulen und weniger häufig an die Oberfläche zu lassen. Schliesslich wollen wir ja nicht, dass unsere Kindern unsere manipulativen Verhalten nachahmen.
Hier 3 Tipps um dein Verhalten zu verbessern:
- verzichte auf Rache – auch unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit
Hochsensible haben ein starkes Gerechtigkeitsempfinden, doch geschehenes Unrecht lässt sich meist nicht wieder gut machen. Wir sollten auch wachsam bleiben, wo wir weiter gehen als nur Taten oder Verhalten zu verurteilen. Allzu schnell gehen wir nämlich einen Schritt weiter in die Aktion. #verzeihen
- raus aus der Opferrolle, gehe deine Ängste rational an
Wir alle haben Angst verletzt zu werden oder etwas zu verlieren. Für diese Ängste kann man auch selbst Verantwortung übernehmen und mit ihnen besser umgehen lernen. Meist werden sie dadurch kleiner und vor allem treten sie weniger häufig auf. So vermeidet man auch unnötige Verteidigungshandlungen, die erst recht zu Konflikten führen. #authentisch
- verstärke das Positive und verkleinere das Negative
Man kann bewusst üben mehr Aufmerksamkeit auf die schönen oder interessanten Dinge zu richten. Nicht nur beim Beobachten, sondern vor allem beim Weitererzählen. Es ist nicht nötig alle Kritik völlig auszulassen, sondern man sollte sich einfach umgewöhnen dem Erwünschten oder Spannenden mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen. #positivesdenken
Alles Liebe,
Susanna
4 thoughts on “Warum manche Narzissten auch Hochsensible sind”
Legion
(8. Februar 2019 - 15:09)Vielen, vielen Dank für diesen Text. Du hast mich damit sehr weiter gebracht. Ich erkenne mich selbst sehr gut darin wieder.
Isabella
(21. Juli 2019 - 9:55)Hi, weil hier auch von positivem Denken die Rede ist, möchte ich auf das Büchlein „Die amerikanische Glückspropaganda“ von Colin Bear hinweisen! Sonst: sehr stimmiger Text, danke!
Isabella
Luisa
(22. März 2022 - 16:21)Vielen Dank, dieser Beitrag ist für mich sehr heilsam. Im Internet findet man so viel über Beziehungen zwischen Narzissten und Hochsensiblen. Ich denke aber, dass es auch viele narzisstische Hochsensible und andersherum gibt. Zum Beispiel ist Perfektionismus auch unter Hochsensiblen sehr verbreitet, und Angst vor Krankheit und Älterwerden.
Die schlechten Stimmungen, denen Kinder ausgesetzt sind, fand ich sehr passend als Erklärung. Und besonders schön ist, dass du Hoffnung gibst und umsetzbare Tipps.
Susanna
(22. März 2022 - 18:20)Danke Luisa!
Schön, dass du meinen Artikel auch so positiv aufgefasst hast, wie er gemeint war.
Alles Liebe, Susanna