Dramakings

Warum spricht man eigentlich gerne von den Dramaqueens, wenn es darum geht, dass sich jemand hyperdramatisch inszeniert oder eine völlig übertriebene Reaktion an den Tag legt?

Männer können das doch genauso gut, wenn nicht sogar besser. Sie sind eben nur seltener so reflektiert ihr überzogenes Verhalten auch einzugestehen, geschweige denn sich dafür zu entschuldigen.

Reden wir Tacheles

Ich kenne etliche Männer in meinem Umfeld, die es geradezu lieben ihrem Leben mehr Dramatik zu verleihen und es auf diese Art und Weise interessanter für mich zu machen. Dabei schleicht sich allerdings ein leicht durchschaubares Muster ein:

Selten handeln die Geschichten von Glanzleistungen, denn dagegen hätte ich ja gar nichts, sondern vielmehr darüber wie schlecht und böse andere wären und warum sie der Grund sind , dass man es ihnen so richtig heimgezahlt hätte. Oft bleibt es bei einem verbalen Schlagabtausch, manchmal tut man einem anderen etwas zu Fleiss und manchmal hat man einfach nur grosses Pech und ist der mitleiderregende Verlierer.

Beginnend mit dem Männerschnupfen, der jeden von ihnen an den Rand des Todes bringt bis hin zur Bedienung im Restaurant, die einem absichtlich zuletzt serviert, so scheint sich die Welt gegen sie verschworen zu haben und sie sind dem Unglück regelrecht schutzlos ausgesetzt. Weil die Welt eben nicht gut ist.

Hilflosigkeit

Jegliche Versuche des guten Zuredens oder der Vernunft werden in den Wind geschlagen und als unrealistische Traumtänzereien abgetan. Sie wollen nur die Aufmerksamkeit und den Mittelpunkt des Geschehens auskosten und dabei möglichst viele andere Leute mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen bewerfen.

Natürlich habe ich auch weibliche Zeitgenossinnen, die dieses Verhalten exzellent beherrschen, aber die männlichen machen es meist lauter und manchmal eben noch viel exzessiver. Sie scheinen manchmal in ihrem Drama regelrecht aufzublühen und wie ein Opernsänger seine Arie auf der Bühne zu geniessen.

Zuschauer oder Mitspieler?

Ich habe einen lieben Freund, der mir wirklich sehr am Herzen liegt, aber leider sehr zu solchen eigenen Melodramen neigt. Ist er wieder „drauf“ merkt man meist schon am Beginn eines Gesprächs, wenn er mich kaum zu Wort kommen lässt und ohne Pause mit den neuesten Ereignissen in seinem Leben zu quasselt. Wie eine Drogenrausch kommt mir das oft vor, als ob die turbulenten Geschehnisse sein Ego in ungeahnte Höhen fliegen lässt.

Im Prinzip habe ich dann drei Möglichkeiten mit ihm umzugehen:

Ich lasse ihn brabbeln und warte bis er müde ist um wieder in einen Dialog zu kommen. Oder ich gebe meinen Senf dazu und verstricke mich damit in seine Geschichten, was mir allerdings mit der Zeit dann sehr unangenehm wird.

Oder die dritte Möglichkeit, die ich immer wieder nutze ist das Gespräch einfach aus einem fadenscheinigen Grund ( muss aufs Klo, bekomme Besuch etc.) abzubrechen und zu verschieben.

Ich habe alle drei Varianten schon versucht und keine ist wirklich zufriedenstellend, also wird der Kontakt vorerst mal auf Eis gelegt. Bis mir etwas Besseres eingefallen ist.

Spiegel

In solchen Situationen benutze ich gerne Techniken um das unerwünschte Verhalten der anderen bei mir selbst zu erkennen. Denn im Prinzip zeigt mir das Leben ja nur am anderen auf, was ich an mir selbst ändern möchte. In Gedanken gebe ich dann meinem lieben Freund haufenweise gute Ratschläge, die ich selbst befolgen sollte.

Weise Gedanken und Vorschläge kommen da plötzlich aus mir heraus wie zum Beispiel: Jeder ist seines Glückes Schmied. Oder Warum glaubst du hast du dir das jetzt in deinem Leben manifestiert? Oder siehst du nicht, dass du dir dein Drama gerade selbst machst?

Wunder Punkt

Es gibt allerdings einen wunden Punkt bei mir, wo ich sehr empfindlich bin, selbst bei noch so liebgewonnenen Dramakings und -queens. Nämlich wenn sie beginnen mir Schuld zu geben oder mir vorwürfe zu machen für ihre Probleme. Da hört sich bei mir alles auf und ich gehe sofort auf Distanz und meide sie völlig.

Auch so eine Situation hat mich vor einigen Monaten beschäftigt, wo eine Freundin nämlich plötzlich meinte, dass unsere Hunde nicht miteinander können, was natürlich an mir uns meiner Hundeerziehung läge. Sie hat es etwas anders formuliert, aber im Prinzip lief es darauf hinaus.

Mir war als wollte sie hier ein neues Drama kreieren, indem ich dann mitspielen sollte ohne es zu wollen. Denn für mich war dieses angebliche Problem weder sichtbar noch existent und für die Hunde auch nicht.

Befreiung

Das war genau der Punkt, an dem ich ihre Dramen satt hatte und beinahe eine allergische Reaktion auf ihre Stimme bekam. Vielleicht reagierte ich etwas harsch, als ich den Kontakt sofort auf Eis legte, aber das ist nun einmal meine beste Strategie um wieder den Kopf klar zu bekommen.

Nach und nach wurde mir allerdings klar mit wie vielen ihrer Probleme und Ärgernissen sie mich beladen hatte, die ich scheinbar aus Loyalität geglaubt hatte. Jede Woche verlor ich quasi eine Schwierigkeit oder eine Unannehmlichkeit aus meinem Leben und fühlte mich zunehmend erleichtert und freier als zuvor.

Diese Erkenntnis hat mir die Augen geöffnet für meine eigene Fähigkeit mir selbst Probleme in meinem Leben zu erschaffen oder diese eben loszulassen.

Ich nutze also diese Gelegenheit hier um meinem Ego von gestern die Loyalität zu kündigen, nämlich die Loyalität die seine Schwierigkeiten zu meinen Problemen heute macht. Und gleichzeitig möchte ich mich bei allen Dramatikern bedanken, dass sie mich auf anschauliche Weise wieder daran erinnert haben, dass wir uns doch unser Leben völlig in Eigenregie inszenieren.


ALOHA Susanna

Post Author: Susanna

3 thoughts on “Dramakings

    Patricia

    (16. September 2025 - 12:10)

    Liebe Susanna,
    danke, für Deinen interessanten Artikel!
    Ich kenne das alles sehr gut. Wir bekommen etwas gespiegelt und kommen dann mit weisen Rat-Schlägen.
    Wenn dann alles nichts mehr hilft, werden die „Personen“ auf Eis gelegt. Jetzt meine neue Sicht:
    Sind es nicht unser Urteile und Projektionen, die gespiegelt werden (in der Welt der Illusion)? Erklärt das nicht auch die familiären Diskrepanzen (wo wir nicht so leicht alles auf Eis legen können)? Wäre die Lösung, uns zu vergeben und zu erkennen, dass es unsere Projektionen sind? Den Mitmenschen als Heil zu sehen?
    Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir dazu Deine Sicht mitteilen kannst .
    Herzliche Grüße
    Patricia

      Susanna

      (17. September 2025 - 20:46)

      Liebe Patricia!
      Natürlich ist das „auf Eis legen“ nur eine temporäre Lösung und nicht für immer!
      Aber genau so eine Zäsur braucht es oft um aus dem Strudel der Ereignisse heraus zu kommen, inne zu halten und zu kontemplieren/nachzudenken.

      Ich geb dir recht, dass es nicht unbedingt immer Spiegel sein müssen, sie uns gezeigt werden, sondern genauso falsche oder unnötige Vorurteile und Meinungen. Trotzdem haben auch die irgendetwas mit unserer Vorstellung von uns selbst resp. unserem Selbstbild zu tun.

      Alles Liebe und dicke Umarmung,
      Susanna

        Patricia

        (18. September 2025 - 7:37)

        Liebe Susanna,
        danke, für Deine schnelle Antwort!
        Liebe Umarmung
        Patricia

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