Unlängst hörte ich der amerikanischen Frauenrechtlerin Ruth Ginsberg zu, als sie erklärte dass viele der veralteten, diskriminierenden Gesetze zum Schutze der Frau enstanden waren. „Wir empfinden diese frauenfeindlichen Regeln eher als Gefängnis.“
Interessanterweise stand sie mit dieser Meinung in den 1960er Jahren einer grossen Mehrzahl an verständnislosen Männern gegenüber und musste etliche Diskussionen und sogar Gerichtsverfahren anstrengen, um die Rechte der Frauen durchzusetzen. Etwas das heute gar nicht mehr vorstellbar ist.
Viel Wahres dran
In diesem Artikel soll es überhaupt nicht um irgendwelche emanzipatorischen Fragen gehen – ganz im Gegenteil. Ich möchte viel lieber darauf eingehen, dass wir uns mit unserem manchmal auch übertriebenen Schutzbedürfnis unglaublich einschränken und selbst zu Gefangenen unserer eigenen Ängste und Sorgen machen.
Denn jedes Mal wenn ich selbst denke mich vor irgendetwas verteidigen oder abschirmen zu müssen, gebe ich automatisch einen Teil meiner Bewegungsfreiheit auf. Nicht nur das, denn auch unsere Gedanken werden unsicher und fragen sich, was denn richtig oder falsch sei. Und ganz selten, aber doch auch sind wir plötzlich mit unserer Aufmerksamkeit bei der scheinbaren Gefahr, anstatt bei uns selber.
Hemmungen
Was auch immer angeblich unsere (Selbst-) Sicherheit bedroht, es lässt uns plötzlich gehemmt und gezügelt auftreten und bremst alle unsere Bewegungen, zumindest ein wenig. Es ist faszinierend die verschiedenen Kulturkreise zu beobachten, wie unterschiedlich stark dieses Schutzbedürfnis ausgeprägt ist. Es gibt da ein deutliches Nord-Süd und Ost-West – Gefälle.
Und es scheint ein gewisser Zusammenhang mit der finanziellen Situation der Leute zu geben. Man möchte beinahe vermuten, dass umso wohlhabender eine Gesellschaft ist, umso unsicherer fühlen sich die Menschen darin. Dabei wäre doch gerade die finanzielle Sicherheit ein wohliges Ruhekissen – möchte man meinen.
Und dann war dann auch noch das
Ein anderes Zitat von Ruth Ginsberg, oder besser gesagt der Ratschlag ihrer Mutter für sie, liess mich auch aufhorchen: „Such dir ruhig den Traumprinzen, aber bleibe unanbhängig und bleib immer eine Lady“. Und mit Lady meinte sie nicht immer weisse Handschuhe zu tragen, sondern niemals aus Wut, Neid, Angst oder schlechtem Gewissen zu handeln.
Eine Maxime, die Ruth ihr Leben lang zu befolgen versuchte, auch wenn die Arbeit als Anwältin für Frauenrechte sie gewaltig forderte. Gerade die Provokationen von herablassenden Männern, die überzeugt davon waren, dass Frauen hinter den Herd gehörten, müssen genug Gelegenheit zur Übung gegeben haben.
Zusammenhang
Diese zwei Zitate haben trotzdem einen ganz klaren Konnex, denn wenn man sich fragt, wie man die eigene Schutzhaft beenden könnte, dann gibt der Ratschlag von Ruths Mutter gleich eine gute Anleitung. Nämlich konzentriere dich auf dich selbst, und dass du niemanden brauchst. Und hör auf trotzig zu reagieren , sondern überleg lieber wie du sein möchtest und was du tun möchtest.
Natürlich könnten wir uns jetzt auch lang und breit über die Ursachen von Ängsten auslassen, aber die alternative Anleitung zu untersuchen finde ich wesentlich interessanter. Denn so eine Ursachenforschung birgt auch immer die Gefahr sich zu verfransen und die Lösung aus den Augen zu verlieren.
Also: wer oder was ist eine Lady oder ein Gentleman?
Eine Frage, die sich gerne mehr Leute stellen sollten, besonders wenn sie bereits Eltern oder Manager geworden sind. Denn dann ist eine Führungsrolle ohne gewissen Attitüden nicht leicht zu bewältigen.
Das hat meiner Ansicht nach gar nichts mit Moralvorstellungen oder Rollenklischees zu tun, sondern vielmehr mit einer inneren Orientierung, die wir alle besitzen. Man mag sie Herzensbildung, Ethik oder ganz einfach Intuition nennen, jedenfalls weist sie uns in jeder Situation den optimalen Weg. Man könnte beinahe sagen, man handelt dadurch mit dem Motiv der Liebe, denn die kommt auch aus der gleichen Quelle.
Äusserlichkeiten
Das gibt selbstverständlich wenig Anleitung, was generell zu tun oder zu lassen ist. Stattdessen lautet der Ratschlag ins Fühlen zu kommen und nicht darüber nachzugrübeln. Den Fokus einfach wieder auf die eigenen lauteren Absichten zu lenken und mit einer konstruktiven Vision voranzuschreiten.
Es erübrigen sich sämtliche Diskussionen, ob etwas allgemein richtig oder falsch ist, denn das haben wir Jahrtausende lang vergeblich versucht. Schliesslich hat es nur in moralischen Absurditäten geendet, wie zum Beispiel Mörder mit der Todesstrafe zu Gerechtigkeit zu führen. Das hat weder einen Einzelnen noch die Menschheit einen Schritt weiter gebracht und schon gar nicht geschützt.
Illusion
Zurück zu dem mentalen Gefängnis, dass uns schützen soll, vor allfälligen Übel. Bei genauerer Betrachtung, sind viele der Gefahren oder Unannehmlichkeiten die von Aussen auf uns zukommen könnten, unnötige Sorgen und werden nie passieren. Gerade wenn wir uns Sorgen um andere machen, wie um unsere Kinder, dann sehen wir das selten.
Unsere Vorfahren die Kelten hatten Angst davor, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte und das Lexikon ist voll von den irrwitzigsten Ängsten wie die vor Clowns, vor dem Tanzen oder vor langen Wörtern.
Damit wollte ich eigentlich nur veranschaulichen auf welche Abwege der menschliche Verstand gerät, sobald es sich einmal auf das Gefühl der Furcht eingelassen hat.
Fazit
Abgesehen von der Absurdität der meisten Befürchtungen oder Sorgen, sollte man sich jederzeit die Frage stellen inwieweit die eigene Freiheit dadurch eingeschränkt wird. Natürlich gewöhnt man sich leicht daran gewisse Situationen, Orte oder Leute zu meiden, doch es erinnert doch sehr stark an Aberglaube.
Den Verstand damit zu beschäftigen was wir denn noch erleben möchten und wie wir uns selbst erleben möchten, ist möglicherweise der Ausweg aus diesen ängstlichen Gedanken. Noch einfacher ist es vielleicht sich hinein zu fühlen in Glück und Freude, die wir empfinden wenn wir mit uns selber zufrieden sind und grossartige neue Erfahrungen gemacht haben. Mit dieser Kraft lassen sich dann auch kleinere Unsicherheiten überwinden und Mut und Zuversicht ausstrahlen.