Viele denken sofort an Numerologie oder den Baum des Lebens, wenn man das Wort Kabbalah benutzt. Um ehrlich zu sein ging es mir vor geraumer Zeit ebenso, bevor ich mich intensiver damit beschäftigte. Eine besonders gute Quelle bietet Prof. Daniel Matt mit seiner Übersetzung des „Zohar – Pritzker Edition“ und weiteren Abhandlungen über die jüdische Mystik.
Meine ursprüngliche Fragestellung war, inwieweit Neville Goddards Interpretation der Bibel von dieser Geheimlehre herrührt, da sein wichtigster Lehrer, Abdullah selbst ein jüdischer Rabbi war. Es stellte sich schnell heraus, dass die Idee, dass die Figuren aus der Bibel eigentlich nur Bewusstseinszustände repräsentierten bei beiden ident waren.
Doch da war ich bereits in die jüdische Mystik eingetaucht und bin auf noch weitere Perlen gestossen, die mich sehr faszinierten. In diesem Artikel will ich mich allerdings auf Träume, das Manifestieren und Meditation beschränken. ( In einem vorangegangenen Artikel habe ich mich bereits dem Hauptaugenmerk des Zohar, nämlich der Balance zwischen männlichen und weiblichen Qualitäten gewidmet: die Genesis im Zohar )
Prophetische Träume
Das alte Testament ist voll von Wahrträumen der Propheten, die Zukunft vorhersagen oder sogar Warnungen ausstossen. Besonders der zweitjüngste Sohn Jakobs, Joseph hatte schon in jungen Jahren Zukunftsvisionen und wurde ein geschätzter Traumdeuter am Hofe des ägyptischen Pharaos. ( Man mag sich an die 7 fetten und die 7 mageren Jahre und die Heuschreckenplage erinnern, die er weissagte).
Der Zohar gibt uns aber noch einen anderen Blick auf Träume, nämlich ist die Interpretation vor allem wichtig. Der Traum sei lediglich ein ganz kleiner Teil davon, was sich später manifestieren würde. Vielmehr habe die Idee und besonders das gesprochene Wort der Interpretation viel grössere Kraft zu erschaffen. Daher der Ratschlag: erzähle nie jemandem, der dich nicht liebt, von deinen Träumen, denn er könnte sie zu deinen Ungunsten deuten und damit Unheil erwirken.
Visionen der Propheten
Die Bibel ist reich gespickt an Propheten und deren Weissagungen, die sich nur verwirklichen konnten, wenn der Prophet seine Träume mit genügend Überzeugung aussprach. Viele dieser Traumbilder sind allerdings sehr kryptisch oder metaphorisch und lassen viel Raum für die Phantasie.
Es gibt aber auch an andere Stelle den Ratschlag Nachtträume einfach nur als verworrene Gehirnaktivitäten zu betrachten und ihnen nicht weiter Aufmerksamkeit zu schenken. Wir unterscheiden heute ja zwischen verschiedenen Träumen, also solchen die eindeutig Emotionen verarbeiten und solchen die uns Tatsächlich Hinweise auf verborgene Informationen geben wollen.
Zukunftssuche
Trotzdem gab es immer wieder Rabbiner und Mystiker, die mit allerhand Hilfsmittel Zukunftsvisionen erlangen wollten. Dazu benutze man „einen blinden Spiegel, der alle Farben widerspiegelte“ oder vereinfacht gesagt eine Schale mit Wasser, deren Oberfläche vom Wind gekräuselt wurde. Darüber meditierten die Visionssuchenden stundenlang, was ein weing an die Zigeunertradition des Hellsehens mit einer Glaskugel erinnert.
Überhaupt wimmelte es unter Spirituellen immer von Leuten die mehr sehen wollten als nur mit dem blossen Auge sichtbar. Da kann sich keine Kultur oder Religion ausnehmen. Heute spalten sich die Leute einfach nur zwischen Wissenschaftsgläubigen und Mystikern und natürlich einer grossen Mischmenge.
Schöpfer
Interessanter wird es allerdings wenn sich Eingeweihte mit Magie beschäftigten, was zugegeben immer zwiespältig beäugt wurde. Doch dem zugrunde lag meist die Erkenntnis, dass Gott in uns also auch durch uns wirkt. Wenn wir also Werkzeuge dieses Gottes sind, dann funktionieren wir auch als verlängerter Arm dieses Schöpferwillens.
Es stellt sich weiter die Frage, wie man diesen Willen des Allmächtigen erkennt, um nach ihm auch zu handeln, also sozusagen mittels weisser Magie manifestiert.
Dazu muss man sich unweigerlich fragen wie man Gott in sich hört oder spürt, wie man also die Seele und den Verstand in Einklang bringen kann. Und die Antwort aus dem Zohar lautet hier wieder: Mediation, also stille und Einkehr, den Verstand zur Ruhe bringen.
Gott und Mensch manifestieren miteinander
Die Frage nach dem Zusammenspiel von Mensch und Gott ist eines der wesentlichen Elemente des Zohars, die er uns sehr modern beantwortet: „Gott erschuf das Licht und es wurde verdeckt (oder abgeschirmt), um die Formen zu erschaffen.“
Zudem galt wieder die Umkehrung, dass ohne diesen Prozess Gott gar nicht erkennbar oder selbstverständlich gewesen wäre. Ein schöner Vergleich dazu ist wenn man versucht direkt in die Sonne zu sehen, dann kann man sie nur erkennen wenn sie durch Wolken oder Nebel verdeckt ist, dann erst ist die Quelle erkennbar.
Adam als Symbol für den ersten Menschen ist dann eine Verdeckung der Energie, durch den noch immer ein Strahl Gottes scheint. Er ist also genauso Gott, wie alles andere das existiert, egal ob wir es als lebendig ansehen oder nicht.
Dieses unendliche Licht in eine Form zu bringen ist also die Erklärung dafür, wie der Geist manifestiert. Zudem hat er Wort und Schrift als Verstärker oder Turbo dafür. Lediglich die Intensität unserer Bemühungen oder die Dominanz gegenüber anderen Bestrebungen entscheidet also was wir manifestieren. Alles ist Gottes Wille.
Warum dann Krieg und Unheil?
Einen entscheidenden Hinweis darauf bekommen wir in beinahe jeder Geschichte, wenn man im Hinterkopf behält, dass das Universum auf Expansion ausgerichtet ist, weil die Form ja eingeschränkt ist, Gott aber unendlich. Jedes Ungleichgewicht unter Menschen entsteht meist mit dem Wunsch auf etwas Neues, sei es Neugier oder Forscherdrang oder einfach nur Langeweile.
Das ist durchaus nicht negativ gemeint, ganz im Gegenteil. Der Zohar warnt uns wie viele andere mystische Traditionen lediglich davor aus Angst zu handeln oder gar zu stagnieren und somit geistig zu sterben.
Wir lernen in der jüdischen Mystik, dass das Gegenteil von Liebe und Freude einfach nur Angst ( manchmal auch als Machtlust bezeichnet) ist und sie uns daran hindert harmonisch und in Einigkeit zu leben.