Es wird zwar in manchen Ratgebern beiläufig erwähnt, doch viel zu wenig meiner Ansicht nach: der emotionale und mentale Nährboden, der junge Menschen aufblühen lässt. ( abgesehen von Liebe selbstverständlich 😉
Natürlich beschäftigen wir uns viel zu sehr mit der materiellen Versorgung mit Nahrung, Kleidern und Obdach. Doch all das ist einem Kind nicht ausreichend, wenn das Umfeld zur emotionalen Belastung wird oder mental völlig verwirrt. Das kann einen Menschen nicht einfach so gesund reifen lassen und gehört zuerst ins Lot gebracht und harmonisiert.
Vorbild ist jeder
Wir wissen aus neurologischen Erkenntnissen und vielleicht auch von uns selbst, dass wir am meisten durch das Imitieren lernen. Also was jemand vor macht, wird irgendwann nachgeahmt, ob es nun vorteilhaft ist oder nicht. Gerade deshalb stehen Eltern und Erzieher besonders in der Pflicht sich selbst zu den Menschen zu machen, wie sie sich ihre Kinder wünschen.
Ein klassischer und guter Grundsatz, den man häufig von Eltern hört lautet: „Ich möchte, dass mein Kind glücklich und erfolgreich wird.“ Ergo müsste man das dem Heranwachsenden auch vorleben, denn so ist es am einfachsten diesen Wunsch zu erfüllen. Zusätzlich sollte man alle widersprechenden Forderungen aufgeben, denn Kinder sind aufmerksam und denken logisch, sodass sie die Widersprüche gleich erkennen. Zum Beispiel machen weder Schulbildung, noch gewisse Kleidung oder gar eklig- Speisen ein Kind glücklich! Da sollten die Jugendlichen selbst bestimmen dürfen, so wie ihre Vorbilder auch.
Ich hatte mich als Kind schon allein deshalb auf das Erwachsen-werden gefreut, weil ich endlich selbst bestimmen durfte, was ich esse, anziehe und wie ich meinen Lebensweg gestalte. Und ich finde alles drei wesentlich vernünftiger heute, als damals in meiner Kindheit.
Trautes Heim – Glück allein
Ein Vorteil im Erwachsenen-Alter ist, dass man sich die Menschen mit denen man zu tun hat, zum größten Teil aussuchen kann. Natürlich nicht hundertprozentig, aber ich kann beispielsweise selbst bestimmen, wer meine Freunde sind und mit wem ich zusammen leben möchte. Gerade ein positives und konstruktives Umfeld im eigenen Zuhause ist extrem viel wert und bestimmt das emotionale Gleichgewicht zu einem großen Teil.
Auch bei Kindern sollten wir das vermehrt berücksichtigen, denn nur zu bewerten ob eine Familie aus der klassischen Struktur besteht, sagt überhaupt nichts darüber aus wie wohl man sich in dieser Situation fühlt. Sicherlich ist es schön, wenn jeder sein eigenes Zimmer und somit Privatsphäre hat, doch wenn der Haussegen permanent schief hängt oder man mit gestressten Menschen unter einem Dach wohnt, ist das sicherlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn die gefühlsmäßige Geborgenheit, Ruhe und eine gute, harmonische Stimmung ermöglichen erst gesunde Entfaltung und Wachstum.
Freiraum
Unsre Lebensräume werden immer enger, vermeintliche Gefahren auch immer größer und scheinbar werden Jugendliche immer länger behütet und versorgt.
Ich denke dann gerne an Traditionen von indigenen Völkern, für die das gesunde Heranwachsen ihrer Kinder überlebenswichtig war. Denn nur starke und eigenständige Leute, haben den eigenen Stamm oder das eigene Volk erst richtig stark gemacht. Bei den Lakota wurden die Jugendlichen für einige Tage weg geschickt, um ganz allein in der Natur ohne Hilfe zu überleben. So konnten sie sich selbst beweisen und lernten zudem noch allerhand Nützliches.
Eine andere sehr wichtige Erkenntnis, ist die, dass aus Langeweile Kreativität entsteht. Also die permanente Dauerbespassung oder das Management von ambitionierten Eltern über die Freizeit der Kinder, sind absolut kontraproduktiv. Auch hier empfiehlt es sich oft die Jugendlichen sich selbst zu überlassen und aus sich heraus zu schöpfen oder einfach Dinge ausprobieren zu dürfen.
Korrektur und Grenzen setzten
Wie auch in der Tierwelt liegt es natürlich auch an den Erwachsenen einzuschreiten, wenn unerwünschtes Verhalten ausartet. Kleinigkeiten könnte man auch öfter ignorieren oder klare, freundliche Vorgaben dafür geben, wie man sich denn sinnvoll benehmen kann. Das ist eine Kunst, die immer mehr abhanden kommt und mehr zum Streitfall wird, anstatt zur klaren Korrektur von Verhalten.
Das hat auch damit zu tun, dass wir selbst gelernt haben andere mit Manipulationen zu lenken, anstatt mit eigener klarer Führung voran zu schreiten. Also könnte man sich als Erzieher in jedem Fehlverhalten des Kindes wiedererkennen und selbst an der Nase nehmen, denn alles was man beim anderen beobachtet, kennt man ja auch von sich selbst. „Halte ich also selbst die Forderungen ein, die ich von meinem Kind verlange?“ So eine Selbstreflektion brachte schon viele AHA-Momente …
Glaubenssätze
Zu guter Letzt komme ich wieder zum Thema Worte. Denn alles was wir anderen häufig vorsagen, wirkt wie eine kleine Gehirnwäsche auf den anderen, besonders auf Jugendliche. Zum einen wiederholen sie es, zum anderen wird es durch die häufige Wiederholungen für wahr gehalten. Also gehören genau diese Inhalte und Ideen ganz genau überprüft, bevor sie auf unsere Heranwachsenden losgelassen werden.
Sätze wie „Du machst, was ich sage“ oder „Du bist schuld, an meinem Unglück“ oder „Du bist sehr anstrengend“ sind zwar an der Tagesordnung, aber absolut nicht mehr zeitgemäss in einer aufgeklärten Gesellschaft. Sie grenzen mehr an Missbrauch und Irrsinn, als an vernünftige Erziehung. Denn das eigene Selbstbild des Kindes negativ zu färben oder schlechtes Gewissen einzureden, hinterlassen mehr Narben als jedes Lob oder Anerkennung jemals wieder gut machen können.
Genauso wie jedes „Das kannst du nicht“ und „Das ist nicht möglich“. Die hat man schon in meiner Kindheit erfolglos mit mir versucht. In einer Zeit als es noch kein Internet gab, keine Handys und schon gar keine Jobs, wie es sie heute gibt. Also was wussten die Erwachsenen damals über die Zukunft und was alles möglich sein würde?