Wie sag ich am besten „Du gehst mir gerade zu weit“?
Die Gratwanderung zwischen Effizienz und Diplomatie ist eine schwierige, wenn ich dem anderen deutlich machen muss, dass er gerade zu weit geht.
Besonders im Familienkreis, aber natürlich gerade auch bei der Arbeit haben wir immer wieder solche Situationen, wo wir jemanden sanft aus unseren Angelegenheiten entfernen möchten.
Freundinnen haben dafür auch meist kein Verständnis, schliesslich haben wir sie ja ins Vertrauen gezogen oder gar um Rat gefragt und sie meinen es ja nur gut mit uns.
Doch um zu verstehen, warum wir uns eigentlich ein wenig distanzieren wollen, sollten wir uns bewusst werden, dass es Verhaltensweisen sind, als vielmehr die Personen selbst, die uns missfallen. Natürlich können wir von den Leuten nicht verlangen ihr Verhalten uns gegenüber einfach so zu ändern. Es fällt uns aber leichter aus einer Dynamik auszusteigen, als eine Person pauschal zu verurteilen ( was ohnehin nichts bringt).
Anstatt alles rational zu analysieren, können wir einfach auf unser intuitives Sensorium zurück greifen.
#1 Ziehen, involvieren in das andere Drama
Häufig hat man das Gefühl der andere will einen in etwas hinein ziehen, in sein eigenes Drama, was uns eigentlich missfällt. Meist durch Mitleidstouren fühlt man sich wie genötig zuzuhören, Ratschläge zu geben oder gar etwas zu unternehmen. Dabei stösst man in der Regel auf zwei grobe Probleme: erstens scheinen viele Anstrengungen vergebens, zweites lädt man sich eine Art Verantwortung auf, für die Probleme des anderen. Beides kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass man sich weiter engagiert, obwohl man ständig das Gefühl hat gegen Windmühlen zu kämpfen und die eigentliche Ursache gar nicht zu verbessern, sondern eher eine Art Abhängigkeit zu erzeugen.
#2 Druck – etwas zu tun, was der andere will, um ihn glücklich zu machen
Darauf reagieren viele Hochsensible sehr allergisch, obwohl es ja ganz offenkundig gesellschaftsfähig ist andere mit Druck zu etwas zu bewegen. Standpauken, Drohungen und Bedrängen gehört quasi zu den legitimierten Mitteln um mit Familienmitgliedern, Arbeitskollegen und auch Kindern umzugehen. Dass dies manchmal sogar in Situationen von emotionaler Erpressung mündet, verstehen wir erst im Extremfall.
#3 Intuitive Unstimmigkeit, Einmischen in dein Leben
Einfache Lösungen und Glücklichmacher sind falsche Versprechungen mit denen uns die Werbung fest im Griff hält. Das ist eine sehr deprimierende Feststellung, aber unsere westliche Konsumwelt hat uns so geprägt. Da werden Bedürfnisse erfunden, Ängste geweckt und Sorgen gemacht, um scheinbare Lösungen zu verkaufen. Häufig wird dieser Schuh der Alternativmedizin oder Esoterikern angezogen, wobei in Wahrheit der Kommerz sich dieser Masche konsequent bedient.
Aber auch im zwischenmenschlichen Bereich tappen viele in diese Falle, nämlich wenn sie glauben für andere Lösungen zu kennen. Er/sie sollte ja nur das und das machen, dann wäre sein Leben viel besser. Wenn sich Leute uns gegenüber so verhalten, dann fühlen wir uns entweder versucht dem Ratschlag zu folgen oder übergangen. In jedem Fall verspüren wir ein Gefühl der Machtlosigkeit und der Unwahrheit, als ob wir nicht wahrgenommen werden würden. Und tatsächlich ist das so, wenn uns unser eigener Impuls eigentlich eine andere Entscheidung oder Richtung führt.
Kombination
Diese 3 Empfindungen treten auch häufig in Kombination auf. Sie werden meist deutlich wahrgenommen, ohne gleich sagen zu können, was genau nicht stimmt. Wir merken allerdings ganz deutlich, dass uns andere zu etwas bringen wollen, was sich gerade für uns selbst nicht gut anfühlt, egal wie vernünftig es klingen mag.
Also wie sag ich es jetzt?
Dafür gibt es kein Pauschalrezept, sondern vielmehr ein paar Hinweise, wie man selbst zu einem klaren Standpunkt kommt, der einen stark macht und sich gut anfühlt.
- Vermeide Überreaktionen durch rechtzeitiges reagieren. Wenn du allerdings merkst, dass du schon am Platzen bist, dann macht es Sinn wenn du eine Person oder Situation auch mal meidest, bis du wieder klarer bist.
- Sprich von deinen eigenen Bedürfnissen und nicht von den Fehlern des anderen. Stelle keine Regeln für ihn auf, sondern sag lieber, worauf du im Moment Lust hast und was du jetzt gerade möchtest.
- Versuch nicht anderen die negative Dynamik klar zu machen, häufig besteht dafür kein Verständnis. Tausch dich lieber mit Leuten aus, die genauso daran interessiert sind aus diesen Spielchen auszusteigen und dich vielleicht auf neue Ideen bringen.
- Leg deine Worte nicht auf die Waagschale, sondern verstehe, dass der andere eigentlich ein Problem hat und nicht du. Dein Bedarf an Rechtfertigung ist nur gegeben, wenn du dir ein schlechtes Gewissen machst, doch das ist nicht nötig. Du bist schliesslich nicht für den anderen verantwortlich. Selbst wenn er verletzt reagiert, ist das auch seine Sache und nicht deine.
- Nimm es leicht und mach keine grosse Sache daraus. Versuch eine Perspektive zu bekommen in der du jede Situation als Übung siehst, mit diesen Taktiken nicht mitzuspielen sondern einen neuen Umgang damit auszuprobieren. Also experimentell. Manchmal klappt das Experiment und manchmal eben nicht. Gib nicht auf, sondern forsche weiter! Alles ist möglich!
Fazit
Wir alle möchten mit diesen manipulativen Verhaltensmustern aufhören, aber wir haben sie einfach mitbekommen und sie laufen ständig unbewusst ab. Es gibt also keinen Schuldigen, keine Bösewichte oder keinen Grund dafür.
Wichtig ist allein, dass uns selbst immer früher bewusst wird, wann wir gerade wieder in die Falle tappen und einen Weg hinaus finden. Dabei sollte uns auch immer bewusst bleiben, dass wir alle in einem Boot sitzen und keiner besser oder schlechter ist.
Unsere Intuition gibt uns lediglich Auskunft darüber, ob wir mit unserem Verhalten zufrieden sind und was wir eigentlich leben wollen. Also der Fokus auf das Bauchgefühl und die inneren Impulse sind entscheidender, als alle Gedanken darüber. Insbesondere Gedanken, die sehr selbstkritisch sind oder uns dazu nötigen andere glücklich zu machen. Die sind nämlich in der Regel unsinnig und unwahr, also entlarve sie und lass sie ziehen.
Alles Liebe,
Susanna
Vielleicht interessiert dich auch noch mein Artikel zum Thema „Sich abgrenzen, aber bitte richtig„, wo ich darüber schreibe wie man besser bei sich bleiben kann und selbstbestimmter leben, ohne sich dabei zu isolieren.
Und auch im Artikel „Wie du immun gegen Mainpulationen wirst“ kannst du ein paar Hinweise darauf bekommen, wie diese Spielchen aussehen und du sie schneller erkennen kannst, um nicht mehr mitzumachen.